Vertragsrecht – Diesel-Abgasskandal: VW-Vertragshändler ist nicht VW

Ein lesenswertes Urteil des OLG Koblenz zum Diesel-Abgasskandal: Vertragshändler haftet nicht für etwaige Täuschungshandlung des Herstellers

Das Oberlandesgericht Koblenz hat in einem Urteil zum Diesel-Abgasskandal entschieden, dass dem Vertragshändler eine etwaige Täuschung des Kunden durch den Fahrzeughersteller nicht zuzurechnen ist (Urteil vom 28.09.2017, Az.: 1 U 302/17).

Rückabwicklung des Kaufvertrags für einen Diesel-Skandal betroffenen VW begehrt

Verklagt wurde ein VW-Vertragshändler. Die Klägerin erwarb dort mit Kaufvertrag vom 08.07.2014 einen Neuwagen der Marke VW, Modell Tiguan Sport & Style mit „BlueMotion“-Technik. In dem Fahrzeug ist ein von der Volkswagen AG hergestellter Dieselmotor vom Typ EA 189 verbaut. Das erworbene Fahrzeug ist vom Abgas-Skandal betroffen. Die Klägerin hat die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt und begehrt die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, sowie Ersatz der aufgewendeten Kraftfahrzeugsteuer und der geleisteten Beiträge zur Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung.

Keine arglistige Täuschung durch den VW-Vertragshändler

Die Klage war weder in erster noch in zweiter Instanz erfolgreich. Unstreitig sei die Klägerin nicht durch den VW-Vertragshändler oder dessen Mitarbeiter getäuscht worden, beginnt das OLG Koblenz seine Ausführungen. Der VW-Vertragshändler habe ebenso wie die Klägerin erst durch die Berichterstattung in den Medien von den Manipulationsvorwürfen erfahren.

Täuschung durch die Volkswagen AG ist dem Vertragshändler nicht zurechenbar

Soweit die Klägerin sich auf eine Täuschung der Kunden durch die Volkswagen AG gestützt hat, wäre eine solche dem Vertragshändler nicht zuzurechnen. Es greife auch insoweit die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach der Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers ist, der die Sache an den Kunden verkauft. Der Hersteller sei im Regelfall – so wie hier – nicht in den Pflichtenkreis des Händlers einbezogen. Im Streitfall habe auch die Stellung des verklagten Vertragshändlers als VW-Händler hieran nichts geändert. Bei dem VW-Vertragshändler handele es sich um eine eigenständige juristische Person, die die Verträge im eigenen Namen schließe. Der Vertragshändler trage auch das mit dem Absatz der Waren verbundene wirtschaftliche Risiko. Die Volkswagen AG sei weder unmittelbar am Vertragsschluss noch an der Übergabe des Fahrzeugs beteiligt gewesen. Der VW-Vertragshändler habe auch gegenüber der Klägerin keinen gegenteiligen Rechtsschein erzeugt. Die Klägerin habe daher den Kaufvertrag nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten können.

Mangels Pflichtverletzung des Vertragshändlers auch kein Schadenersatzanspruch

Da nach alledem auch keine schuldhafte Pflichtverletzung oder unerlaubte Handlung des Vertragshändlers festgestellt werden konnte und eine Zurechnung auch insoweit nicht erfolgt, war auch kein Anspruch auf Schadenersatz begründet.

Mängelhaftung nach Gewährleistungsrecht nicht geltend gemacht

Das OLG betont jedoch auch, dass es sich in dem vorliegenden Fall nicht mit der Frage einer Mängelhaftung nach Gewährleistungsrecht auseinanderzusetzen hatte, da die Klägerin ihre Ansprüche ausdrücklich nicht hierauf gestützt habe.

Nicht verwechseln: ein VW-Vertragshändler ist keine VW-Niederlassung!

Wie das OLG Koblenz ausdrücklich betonte, handelte es sich im vorliegenden Fall um einen VW-Vertragshändler. Die typischen VW-Autohäuser sind zumeist Vertragshändler und eigenständige Firmen, was oft am Namen und an der Firmenbezeichnung erkennbar erkennbar ist. Diese Autohäuser sind nicht zu verwechseln mit einer Niederlassung des Herstellers.

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